Sirio, erzähl doch einmal ein bisschen über Dich!

Du bist doch ein toller Kerl!

Warum lebst du jetzt eigentlich bei uns?

Das ist eine sehr gute Frage? Warum eigentlich?

Martina meinte, du würdest ganz gut zu uns passen. Und als sie erfahren hat, dass man Dich in dieser blöden Massenzucht loswerden und wohlmöglich umbringen wollte, da hat sie gemeint, . . .


Mai 2006 im Garten in Cadzand

Und da du mein Papi bist, hat sie gesagt, wir könnten dich nicht einfach in dieser bescheuerten Lage lassen.

Ja, wie bist du eigentlich da rein gekommen?

Hattest Du ein. . . äh. . . Rüdenproblem? Oder wie nennt man das?

Nein, das eigentlich nicht. OK, manchmal machte es kaum noch Freude, weil es alles immer so schnell gehen musste, und ich konnte eigentlich nie schmusen.

Und ich habe gedacht, als festangestellter Gigolo hättest du schlechthin das Gelbe vom Ei im Leben getroffen!

Ne, so toll war das auch nicht - ich kam nie raus, musste immer allein in meiner Zelle hocken, bis mein Einsatz kam.

Da hättest du fast ja auch ins Kloster gehen können!

Armer Papi!

Ich bin so glücklich, dass ich wenigstens eines meiner Kinder gefunden habe. Ihr seid ja alle nett zu mir, meistens jedenfalls, aber dass ich mein Röschen habe und sehen darf, wie sie fröhlich sein kann und wie ihr auf sie aufpasst, das ist mehr, als ich jemals in meinem Leben erwartet habe.

Hat man dir denn wenigstens gesagt, warum sie dich nicht mehr wollten?

Du stellst Fragen! Darüber wird mit uns doch nicht geredet. Ab und zu verschwindet einer. Wir waren immer froh, dass es uns nicht getroffen hat, wir hatten immer so Angst, weil wir dachten, wir . .

wir würden das nicht überleben. So geht es auch einer ganzen Reihe. Inzwischen können eine ganze Menge von uns doch noch gerettet werden und weiterleben. Da sind ganz nette Menschen, die uns da raus holen.

Ja, aber ich wusste nicht, dass es irgendwohin geht, wo es mir gefällt.

Das weiß man nie. Irgendwie hofft man, dass man am Leben bleibt. . .

Aber vorstellen, dass wo anders so ist, wie man das manchmal geträumt hat, wenn man ganz weit gelaufen ist, ohne zu ahnen, dass das wirklich möglich ist, dass haben wir uns nie getraut.

Ich weiß ja, dass ich es sehr gut hatte, zuerst bei meiner Mama und meinen Tanten, Cousinen und so. Da war immer was los! Und dann bei Martina, Annette und Henry, die immer darauf geachtet haben, dass ich meinen Spaß hatte, mich bewegen konnte und mir keine Sorgen machen musste.

Das merkt man dir bis heute an!

Was soll denn das?

Komm, streitet euch nicht. Sirio, erzähl weiter, bitte.

Ja, gut. Ich bin erst mit einigen Kumpels gefahren, dann war ich bei einem Mann, der hat mich ganz fest umarmt, um mich zu beruhigen. Der war ganz nett und hat mich dann zu Martina gebracht. Henry war dabei, als sie mich damals getroffen hat. Er hat mir auch Mut gemacht.

Deswegen hat Martina ihn auch häufig mitgenommen, ihn und manchmal auch mich, oder uns beide zusammen.

Das war auch so, als ich euch kennen gelernt habe.

Dann habe ich euch alle gesehen. Es war ganz aufregend.

Und du hattest solche Angst.

Martina hat dich durch die Gegend getragen, weil du so Angst hattest.

Aber jetzt kenne ich mich schon ein bisschen aus. Nur manchmal habe ich Angst, dass ich aufwache und alles vorbei ist. Ich mag gar nicht, wenn Annette und Martina uns allein lassen. Und manchmal verstehe ich auch gar nicht, dass Chester so gelassen dabei bleibt. Dann könnte ich ihn. . .

Ruhig, Sirio, aber sag doch mal, was magst du an deinem neuen Leben besonders?

Dass niemand mit dir meckert, wenn mal du wieder in die Ecken pinkelst?

Erst einmal meckert Martina dann schon.

Ich meckere auch!

Ja, Lucky, du passt hier auch auf. Aber jetzt lasst Sirio mal erzählen!

Das will ich auch meinen! Ich fühle mich so, als könnte ich alles machen. Immerhin kenne ich mich schon ganz toll in der Welt aus!

Bist Du wirklich der Meinung?

Ja - ich kenne Duisburg, den Mattlerbusch, äh, den Nordpark und äh . . . noch ein paar Gegenden. Und ich kenne Cadzand und den Weg nach Knokke. Dann kenne ich noch . . . den linken Niederrhein und . . .

Tja, Sirio, Du bist doch nicht etwa der Meinung, dass das die ganze Welt ist?

Ist es nicht?

Nein, ist es nicht.

Mir reicht es es!

Sirio, darum geht es nicht. Du kennst zwar schon eine ganze Reihe von Dingen, aber manchmal benimmst du dich ...

wie ein Mondkalb!

Recht welpenhaft!

Großspurig und gleichzeitig ängstlich!

Ich habe keine Angst!

Wer zuckt hier zusammen, wenn ihn ein Mensch auch nur anguckt?

Und wer traut sich nur aus der zweiten Reihe an Martina heran?

Du hast keine Ahnung, wie ekelhaft Menschen sein können. Ich habe keine Angst -

Du bist nur ein bisschen vorsichtig, wie?

Ja.

Also ein erbärmlicher Feigling! Ich habe wenigstens gekämpft.

Jetzt haltet mal den Mund, alle beide.
Klar können Menschen ekelhaft sein, wem erzählt ihr das.

Na, dieser Schmusetüte da. Nie was erlebt, aber mitreden wollen.

Chester hat mehr Verständnis für uns, als ihr denkt. Er ist sooo sensibel.

Danke, Pia. Ich habe eine ganze Menge gehört und gesehen, nicht nur von euch. Ich komme zwar aus geordneten Verhältnissen, aber ihr wisst so gut wie ich, dass ich schon ganz viele Hunde aus mieslichen Verhältnissen kennen gelernt habe.

Und wir haben uns intensiv darüber unterhalten, wie man Cockern wie euch helfen kann. Henry und ich damals, als wir Lucky kennen gelernt haben.

Und dann -ja dann haben wir Annette und Martina überzeugt, dass wir da helfen können. . .

aber das ist ein anderes Kapitel!

  • Sirio